Kalte Nahwärme
Der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung schreitet mit Photovoltaik und Windkraft in Deutschland besonders in den letzten zehn Jahren in raschen Schritten voran. Die Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien hat im selben Zeitraum jedoch kaum zugelegt und das, obwohl die Wärmeerzeugung privater Haushalte ca. 21 % des gesamten Endenergieverbrauchs von Deutschland ausmacht. Um Energie einzusparen, spielt neben der Wärmeerzeugung auch die Wärmeverteilung eine wichtige Rolle. Bei klassischen Fernwärmenetzen treten häufig hohe Wärmeverteilverluste auf. Diese entstehen, da das Wärmeträgermedium auf einem Temperaturniveau von meist > 70 °C verteilt wird. Trotz hohen Dämmstandards können dabei sehr hohe Verteilverluste im Verhältnis zur nutzbaren Energie in den Gebäuden, speziell bei Neubauquartieren, auftreten.
Die Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien hat in den letzten zehn Jahren kaum zugelegt.
Grundlagen
Eine mögliche Lösung, um Verteilverluste zu verringern oder gar zu vermeiden, stellen Kalte Nahwärmenetze (KNW-Netze) dar. In diesen wird das Wärmeträgermedium, in der Regel ein Wasser-Glykol-Gemisch (Sole), auf dem Temperaturniveau des umgebenden Erdreiches, saisonal schwankend von leicht unter 0 °C bis maximal 20 °C, zum Endnutzer befördert. Aufgrund des niedrigen Temperaturniveaus treten in den unisolierten Rohrleitungen dadurch keine Wärmeverluste auf, im Gegenteil – es werden meistens sogar Wärmegewinne realisiert. Diese entstehen, da das Temperaturniveau des KNW-Netzes an einigen Stellen unterhalb der umgebenden Erdreichtemperatur liegt. Das Kalte Nahwärmenetz kann dementsprechend als ein oberflächennahester Erdwärmekollektor verstanden werden, der neben der Wärmeverteilung auch als Wärmequelle fungiert.
Das Kalte Nahwärmenetz fungiert neben der Wärmeverteilung auch als Wärmequelle.
Vorteile
Ein KNW-Netz bietet zudem auch aus hydraulischer Sicht interessante Optionen. Bei einem herkömmlichen Fernwärmenetz ist der Energiefluss im Regelfall „unidirektional“, also von der Wärmequelle (z. B. Heizkraftwerk) hin zur Wärmesenke (z. B. Industrie, Gewerbe, Haushalte). In einem KNW-Netz ist ein „bidirektionaler“ Energiefluss möglich. Es können gleichzeitig positive und negative Energieflüsse, durch beispielsweise gleichzeitiges Heizen und Kühlen, auftreten
Außerdem werden fortlaufend Wärmegewinne erzielt und weitere Wärmequellen können erschlossen und eingebunden werden. Somit ist der Energiefluss nie dauerhaft gleichgerichtet. Einzelne Gebäude können zu sogenannten „Prosumern“ werden und beispielsweise durch die Gebäudetemperierung selbst Energie in den Wärmeverbund liefern.
Es kann sowohl geheizt als auch gekühlt werden.